Ein Totalreinfall war der Ball nicht. Aber das Highlight des Wochenendes auch nicht.Mal wieder tanzen, das war toll. Doch leider entsprach die Musik nicht ganz meinem Geschmack, ebenso wenig wie das Essen - bis auf den Nachtisch, der war genießbar.
Die Ballkönigin wurde ich tatsächlich nicht, dabei war es wohl meine größte Chance im Leben, denn auf einen Ball mit nur 70 Jugendlichen werde ich wohl nie wieder kommen.
Zwischen Langweile und ein bisschen bei schlechter Musik abtanzen, um nicht zu depressiv und passiv auszusehen, fraßen sich der Anblick mehrerer Paare in meinem Gehirn fest.
Warum haben andere so viel mehr Glück als ich? Nee du, heute kein Selbstmitleid. Ich meine eher: Wieso interessiert sich kein einziger Junge für mich? Nicht, dass mir jemand spezielles aufgefallen wäre, aber ist ein bisschen Zuneigung zu viel verlangt?
Die letzte Stunde des Balles hat mir den ganzen Abend, der sowieso nicht der Knaller war, noch weiter versalzt: Nach der Wahl des Ballpaares wurden ausnahmslos Schmusesongs gespielt. Jetzt demütigt man mich schon damit!
Mir kommt es so vor, als ob ich das einzige 16-jährige Mädchen in dieser Welt bin, das noch nie einen Freund hatte, geschweige denn geküsst wurde. Kleinkinderküsse im Alter von 4 bis 6 Jahren kann man ja wohl kaum dazuzählen, oder?
Dabei bin ich noch nicht einmal sonderlich hässlich: Ich habe keine Brille, keine Zahnspange, keine Hakennase und keine auffallend viele Pickel. Eigentlich sehe ich aus, wie viele. Kein Model, aber auch nicht so hässlich, dass man sich im Bus nicht neben mich setzen würde.
Ehrlich gesagt glaube ich aber auch nicht, dass es ein Problem des Aussehens ist, denn selbst diejenigen, die fad wie meine Nudelsuppe aussehen, bekommen doch einen ab.
Es muss ein tolles Gefühl sein, sich an jemanden schmiegen zu können, wenn es einem mal wieder richtig schlecht geht. Wie fühlt sich das an, wenn man einem Menschen so nah ist, wie keinem anderen zuvor?
Okay, die Phase, in der ich einem Menschen am nähsten war, ist schon vorbei. Aber kann man die Zeit eines Embrios in der Gebärmutter seiner Mutter zum Lebensabschnitt eines Menschens zählen?
Klar, ich bin nicht so ein Sozialfall wie das Mädel in "Ungeküsst" (mit Drew Barrymore) und ich brauche auch (noch) keine zweite Chance, um das "normale" Leben eines Teenagers zu führen, denn die erste Chance ist noch nicht vorbei. Aber wer sagt mir, ob ich überhaupt eine zweite bekomme, wenn ich die erste kaputt gemacht habe?
Ein Hollywoodfilm ist alles andere als realistisch und noch unrealistischer ist das Happy-End, dass die Produzenten sich nur so ausdenken müssen, damit jemand den Ramsch kauft und nicht die ganze Welt an Depressionen und Minderwertigkeitsgefühlen leidet, sodass Psychiater bald mehr verdienen als Filmstars wie Brad Pitt oder Keira Knightley zusammen.
Tatsächlich jedoch werde ich wahrscheinlich eher eine der Hauptkonsumenten der kitschigen Hollywoodfilme sein, bis Mr. Right vor der Tür ist, aber ich mich kaum mehr aus meinem Zimmer bewegen kann, da mich der Schmalz an die Kiste angeklebt hat. Alles bloß "Selbstbefriedigung"? Nein, wohl eher Flucht in eine andere Welt.
Blöd nur, dass jeder Film ein Ende hat und es einen umso härter ins Gesicht schlägt, wenn der Bildschirm vor den Augen erlischt und man in die Röhre glotzt. Schwarz glotzt dich das unendliche Nichts an.
Kann das "Nichts" eigentlich unendlich sein? Eigentlich existiert doch gar kein "Nichts", alles ist irgendwie existent, auch wenn es sich nur um Luft handelt. - Sie ist immerhin lebensnotwendig. Und was ist eigentlich unendlich? Solange man sich etwas vorstellen kann, ist etwas noch lange nicht unendlich.
Jetzt lassen sich die Tränen meistens kaum aufhalten, langsam rollen sie die Wangen hinab und die Frage nach dem "Warum" lässt sich nicht verdrängen.
Warum?